Instrumentalisierte Gartenkunst in Weimarer Republik und Drittem Reich

© Wikimedia
Private Gartengestaltung Langes an seinem Haus in Berlin-Wannsee um 1920
© Möllers Deutsche Gärtnerzeitung 1934
Gartenarchitekt und -lehrer Willy Lange

Vom Natur- zum „bodenständigen“ Garten: instrumentalisierte Gartenkunst in Weimarer Republik und Drittem Reich

Beitrag von Prof. Dr. em. Joachim Wolschke-Bulmahn in der Gartenkunst 2/2023

In einem Artikel für die jüngste Ausgabe der „Gartenkunst“ zeichnet Prof. Dr. em. Joachim Wolschke-Bulmahn nach, in welcher unrühmlichen Weise das Plädoyer des preußischen Gartenlehrers und Gartenarchitekten Willy Lange (1864–1941) für einen „Naturgarten“ im Dritten Reich der Blut-und-Boden-Ideologie frühen Vorschub leistete. Wolschke-Bulmahn, früherer Lehrstuhlinhaber am Institut für Landschaftsarchitektur, schildert darin die Entwicklung vom Natur- zum nationalsozialistischen „bodenständigen“ Garten, welcher kleinräumig und an die Landschaft angepasst sein sollte und in dem man nur heimische Pflanzen und Baumaterialien verwendete. Gärten wurden in dieser Zeit unter dem Ideal „art- und rassegerechter Schlichtheit“ einem politischen Auftrag untergeordnet.

Wolschke-Bulmahn hatte seine Überlegungen unter dem Titel „reactionary modernism“ bei einer deutsch-französischen Fachtagung vorgetragen: „Gärten und Politik: Gärten im Spannungsfeld von politischer Inanspruchnahme und gesellschaftlichen Herausforderungen – Geschichte, Erfahrungen, Perspektiven“ vom 9.–11. Juni 2022 in Bad Muskau (zugleich veröffentlicht in der Revue Germanique Internationale, https://doi.org/10.4000/rgi.4409). Ihm zufolge vertrat Lange, der bis 1915 an der Königlichen Gärtnerlehranstalt Berlin-Dahlem wirkte und dann freischaffend arbeitete, die Überzeugung, dass ein Naturgarten die höchste Stufe der Gartenkunst bildete: Für ihn stellte diese Stufe „ein Rassemerkmal der ‚germanischen‘ oder ‚nordischen‘ Völker“, da sie „aus ihrer (…) engen Verbindung zum Boden und zur Heimatlandschaft“ herrühre.

Bereits zum Ende der Weimarer Republik habe unter anderem dessen „Betonung des Eigenvölkischen im Gegensatz zur Verherrlichung des Internationalen (…)“ (in: Gartengestaltung der Neuzeit, Berlin 1928) einen ideologischen Wechsel in der Garten- und Landschaftsplanung eingeleitet. Im Dritten Reich schließlich gelangte solcherart aufgefasste Naturgartenästhetik zu einer fatalen ‚Blüte‘. Der Nationalsozialismus, so Wolschke-Bulmahn, beeinflusste sowohl den Berufsstand des Gartenarchitekten als auch die ideologischen Vorstellungen über die Gestaltung von Gärten erheblich. Schon die Verwendung ausländischer Pflanzen bedeutete quasi ‚entartete‘ Gartenkunst. Zugleich erstarb Experimentierfreude und intellektuelle Einfallslosigkeit machte sich breit.

Einflüsse aus dem Ausland verbat man sich und „reaktionäre deutsche Gartenarchitekten“ – unter ihnen Wilhelm Hübotter – begegneten modernen, avantgardistischen Entwürfen schon vor 1933 polemisch und später diffamierend. In der NS-Zeit erklärten Ideologen wie der Reichslandschaftsanwalt Alwin Seifert die Gartenkunst zur Weltanschauung, besonders aktiv zeigte sich Langes Schüler Hans Hasler. Doch trotz der Politisierung blieb die Suche nach einem NS-typischen Garten eine „hilflose“, schreibt Wolschke-Bulmahn. Die Ablehnung alles Zukunftsweisenden war derweil von Repressionen begleitet: Wer abweichende Meinungen vorbrachte (nur wenige Personen wie Karl Foerster oder Camillo Schneider widersprachen), war Unterdrückung ausgesetzt, wurde mit Berufsverboten konfrontiert oder musste emigrieren.